Historie

Verbreitungsgrad

Der Verbreitungsgrad des Boßelsports ist nicht, wie man vielleicht vom Wort "Friesensport" ableiten könnte, auf Friesland oder Ostfriesland beschränkt. Vielmehr ist der Boßelsport ein internationaler Sport, wie man auf der Karte rechts sehen kann. Die roten Bereiche zeigen, daß das Bosseln und Klootschiessen u. a. auch in Irland, Spanien und Italien bekannt ist. 


Boßeln in der Literatur

Prosa und Literaturtipps

Entstehung des Boßelns

"Als die Römer frech wurden und nach Deutschlands Norden zogen, reagierten die Friesen ausgesprochen ungehalten. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus (55 bis 116 n. Chr.) berichtet darüber in seinem Buch "Germania", dem wichtigsten Zeugnis der Germanenkunde: "Die Bewohner an der Niederelbe verwendeten gegen die römischen Eindringlinge in der Sonne gebrannte Lehmkugeln. Selbst auf größere Entfernungen erzielten diese Bewohner eine bewundernswerte Treffsicherheit, weshalb auch die römischen Krieger diese Kugeln fürchteten." (aus: Die Welt)

"Lange Zeit ging die Forschung davon aus, daß die Holländer 1634 die Sportart mit nach Norddeutschland brachten, als sie vor einer schweren Sturmflut flüchteten. In seiner Examensarbeit für die Pädagogische Hochschule in Kiel (Thema: "Die Bedeutung des Boßelns für den Schulsport an der schleswig- holsteinischen Westküste") aber ging Pädagoge Klaus Schneider noch einige Jahrhunderte weiter zurück. Er war es, der das eingangs erwähnte Tacitus-Zitat für die Boßel-Welt entdeckte, in dem von den zimperlichen Römern die Rede ist."   (aus: Die Welt)

Boßeln heute

Straßenboßeln und Klootschießen sind ernstzunehmender Leistungssport, denn bei Ausübung dieses Sports bis zu 10 km zurückzulegen sind keine Seltenheit. Diese Strecke schafft man auf keinen Fall volltrunken. Das Spiel wird oft von vielen Zuschauern beobachtet. Besonders interessant sind die verschiedenen Techniken der einzelnen Werfer. Die Konzentration, die diese Spieler aufbringen, wünscht manch ein Fußballfan den Spielern seines Lieblingsvereins vor einem entscheidenden Spielzug. Ebenso sieht es mit der Kondition aus. Denn auch die darf bei den langen Strecken und der Kraftausübung beim Wurf nicht zu kurz kommen. Natürlich gibt es das "Bollerwagen-Boßeln", das auch sehr nett sein kann, aber eben nicht der "Sportart" Boßeln entspricht, der wir uns hier widmen.

 

Klootschießen

"Ein Kloot ist eine kleine Holzkugel mit Bleifüllung, knapp ein Pfund schwer, und niemand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte diese Kugel weiter werfen als der Bauer Berend Onken aus dem Dorfe Heglitz bei Wittmund. Wenn Onken warf, strömten die Menschen aus ganz Ostfriesland herbei, 10 000, ja 15 000 waren keine Seltenheit. "Kanone" wurde Berend gerufen, sein eigentlicher Ehrenname aber lautete „Bernd Klootscheeter".

Im Winter 1883 trat das Idol der Ostfriesen leihweise in jeverländische Dienste, denn nur mit Onken in ihren Reihen glaubten die Jeverländer einen Klootschießer- Vergleich mit Butjadingen bestehen zu können. Onken warf, was seine starken Bauernarme hergaben, aber diesmal war das Glück gegen. ihn. Beim letzten Wurf der Butjadinger landete der Kloot auf einer blanken Eisfläche, bekam dort erst richtig Fahrt und rollte und rollte ("trüllen" sagen die Klootschießer) in schier unerreichbare Ferne. Bernd Klootscheeter versuchte es trotzdem, nahm mächtig Anlauf, warf gewaltig wie nie zuvor, doch kam die Kugel in tiefem Schnee auf, wo sie nicht trüllte, sondern wie erstorben steckenblieb - platsch und aus! Vor Wut biß Onken in den Kloot, und alte Chroniken wissen zu berichten, daß seine Zähne tief in Holz und Blei gedrungen seien. Jedenfalls wurde diese Kugel noch Jahrzehnte in Haddien bei Jever aufbewahrt, eine Ikone des Klootschießens."  (Aus: Die Zeit, 13.5. 1988, S. 73)