So schrieb Thore Fröllje EM-Geschichte

Wolfgang Böning und Henning Busch

 

Absprung zum lang ersehnten EM-Titel der Männer im Klootschießen: Thore Fröllje bei der Friesensport-Europameisterschaft 2012 im italienischen Pesaro
Bild: Henning Busch

 

 44-jährige Grabsteder, der im Alter von acht Jahren mit dem Schleuderballspiel begonnen hatte und erst später zur Boßel- und Klootkugel griff, war im Laufe seiner Karriere auf Kreis- und Landesebene ebenso siegreich wie auf bundesweiter und internationaler Ebene.

 

Mit dem Kloot siegte er bei Titelkämpfen des Klootschießer-Landesverbands (KLVO) und Friesischen Klootschießer-Verbandes (FKV). Im Boßeln holte er den ersten großen FKV-Titel im Jahre 1987 mit der Gummikugel. Überlegen agierte der Bäckermeister auch im Schleuderballweitwurf und heimste neun deutsche Meistertitel ein. Deutscher Meister wurde er 2009 auch mit dem Kloot. Von 1992 bis 2016 nahm Fröllje zudem an sieben Europameisterschaften teil und wurde zweimal Europameister.

 

Weltrekorde inspirieren

Aber der Reihe nach: Die erfolgreichen Weltrekordversuche von Harm Henkel (Pfalzdorf) und Hans-Georg Bohlken (Schweinebrück) im Jahre 1985 in Burhave hatten den jungen Grabsteder inspiriert. Sein Vater Walter Fröllje unterstützte das junge Talent. 1990 gelang Thore Fröllje als 15-Jähriger sein erstes großes Erfolgserlebnis. Er bejubelte seinen ersten DM-Titel im Schleuderballweitwurf mit dem 1000-Gramm-Ball in Marburg/Frankfurt. Den Titelgewinn wiederholte er 1991 und 1992 in der Jugendklasse.

Auf die EM 1992 in Cork bereitete sich Fröllje anderthalb Jahre lang vor. Die 375-Gramm-Klootkugel warf er bereits als 16-Jähriger sicher über 80 Meter. In Irland setzte sich das große Talent die erste EM-Krone auf. Dank drei Würfen im 82-Meter-Bereich siegte er mit 245,20 Metern überlegen. „Irland war super. Ein tolles Erlebnis. Alles war spitzenmäßig“, erinnert sich Fröllje.

Eindrucksvoller Wechsel

Der Wechsel in den Männerbereich gelang ihm eindrucksvoll. Gleich bei seinem DM-Debüt 1993 im Schleuderballweitwurf in der Männerklasse wurde er Deutscher Meister. Weitere DM-Titel folgten 1995 sowie von 1997 bis 2000. An die bemerkenswerte Serie seiner Würfe 1998 in München erinnert er sich noch heute gut: „Mit jedem Wurf wäre ich Deutscher Meister geworden.“ Sein Topwurf mit dem 1500 Gramm schweren Ball flog 76,61 Meter weit. Überhaupt ist die Erfolgsbilanz mit dem Schleuderball angesichts von neun DM-Titeln im Weitwurf (3 Jugend, 6 Männer) beeindruckend. „Dafür habe ich auch viel trainiert“, betont Fröllje.

Auch auf die Friesensport-EM 1996 im niederländischen Tubbergen bereitete sich der Grabsteder akribisch vor. Erstmals in der Männerklasse aktiv, belegte er im Einzel Rang zehn unter 40 Aktiven. „Das war in Ordnung. Ich habe im Rahmen meiner Möglichkeiten geworfen“, sagt Fröllje.

 Thore Fröllje blickt auf eine sehr erfolgreiche Laufbahn zurück. BILD: Wolfgang Böning

VIELSEITIG AKTIV

Schon als Jugendlicher trat Thore Fröllje wegen seiner Wurfkraft im Schleuderball-Team des TuS Grabstede in der Landesliga an. Ein jährlicher Höhepunkt war der publikumswirksame Schleuderball-Plakettenspieltag in Diekmannshausen. Nach längerer Wartezeit gewann Grabstede 1996 und 1999 wieder die Wanderplakette.

Im Jahr 1995 kam neben Friesensport und Schleuderball eine neue Sportart für Fröllje hinzu. Der Friese stieg beim Handball-Verbandsligisten TuS Obenstrohe ein. Trainer Maik Radig coachte auch das Grabsteder Schleuderballteam. Die große Erfolgsserie stellte sich von 2004 bis 2011 in Diekmannshausen ein.

Als 25-Jähriger trat Fröllje 2000 für zehn Monate den Bundeswehrdienst bei der Luftwaffe in Jever an. Für das Bäckerhandwerk verschlug es ihn von Ende 2000 bis September 2002 nach Süddeutschland. Privat konnte er sich 2005 mit seiner Frau Sonja über die Geburt der Tochter Leonie freuen. Im Jahre 2006 übernahm er den Bäckereibetrieb von seinem Vater Walter in Grabstede. 2012 kam Sohn Luke zur Welt.

In diesem Jahr holte Fröllje den FKV-Mannschaftstitel mit dem KBV Grabstede im Straßenboßeln. Zugleich wechselte er für das Schleuderballspiel nach Abbehausen, weil in seinem Heimatdorf ein junges Team neu aufgebaut wurde. Mit Abbehausen fuhr Fröllje 2015 und 2016 beim Schleuderball-Plakettenspieltag den Turniersieg ein. Somit kann er persönlich eine stolze Bilanz von 13 Erfolgen in Diekmannshausen vorweisen.

 

 Schleswig-Holstein. Als Trainer begleitete ihn in diesen Jahren Handball-Coach Maik Radig, was Frölljes Kondition zugute kam. Europameister mit drei Spitzenwürfen über 100 Meter wurde Stefan Albarus (Noord Norden). Dieser hatte 1996 den Weltrekord auf 106,20 Meter geschraubt. Über Bronze durfte sich bei der EM 2000 Fröllje mit einem Schnitt von über 96 Metern freuen. „Das kam bei super Bedingungen auch für mich unerwartet“, verrät Friese.

 

Bei der Heim-EM 2004 in Westerstede zählte der Grabsteder neben Titelverteidiger Albarus und dem Schweinebrücker Hans-Georg Bohlken zu den Favoriten. Der „Albatros“ gewann mit 280,05 Metern erneut Gold. Fröllje wurde mit 269,30 Metern (im Schnitt 90 Meter pro Wurf) Vize-Europameister, gefolgt von Bohlken (261,50 m).

Hauchdünn geschlagen

Noch enger sollte es bei der EM 2008 auf der „grünen Insel“ zugehen. Im Titel-Zweikampf holte Fröllje trotz Gegenwind mit dem letzten Wurf (86,68 m) noch auf. Doch bedeuteten die 255,69 Meter in Irland erneut Silber. Es gewann FKV-Teamkollege Frank Goldenstein (Blomberg/257,42 m). Nach drei Würfen hatten dem Grabsteder somit lediglich 1,73 Meter zum Gewinn des EM-Titels gefehlt.

Deutscher Meister im Klootschießen wurde Fröllje 2009 im Stadion von Moorwinkelsdamm. „Das Daumendrücken von Sonja und Leonie hat sich gelohnt“, freut sich der Grabsteder. Für die nachfolgende EM trainierte er mit Keno Vogts, dem späteren Jugendeuropameister. Die Trainingseinheiten wurden von Kenos Vater, dem FKV-Vorsitzenden Jan-Dirk Vogts begleitet. „Wir bildeten ein gutes Trio“, betont Fröllje.

Als er 2012 mit dem Ziel, den EM-Titel zu gewinnen, in den Flieger nach Italien einstieg, war der jüngste Sprössling in der Familie Fröllje, Luke, gerade mal einen Monat jung. In Pesaro setzte sich Thore Fröllje dank einer lupenreinen Serie (Topwurf 89,05 m) mit 259,60 Metern die ersehnte EM-Krone im Klootschießen der Männer auf. Zugleich entthronte er den Ostfriesen Goldenstein, der ihm vier Jahre zuvor den Titel noch vor der Nase weggeschnappt hatte.

Coup an Adriaküste

Vize-Europameister wurde Jens Stindt (Spohle/248,40 m) vor Detlef Müller (Mentzhausen/ 247,50 m). „Das war ein super und konstanter Wettkampf von mir“, freut sich Fröllje noch heute über seinen Coup an der Adriaküste. Denn das hatte bis dahin mit dem Kloot noch keiner erreicht: Europameister sowohl in der Jugend als auch bei den Männern zu werden. Bei diesem Höhepunkt seiner sportlichen Laufbahn war er 37 Jahre alt.

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Das Erfolgsgeheimnis des Topwerfers mit dem Gardemaß von 198 Zentimetern lautet: „Viel Training. Und ich habe die Technik auf dem Brett gut umgesetzt.“ Zu seinen absoluten Höhepunkten zählt er die EM-Titel 1992 und 2012, sowie die Deutsche Meisterschaft 2009 als seine Frau und Tochter mit dabei waren. Insgesamt hat Fröllje in all den Jahren sportlich nie kleine Brötchen gebacken. Das zeigt allein seine EM-Bilanz mit je zweimal Gold und Silber sowie einmal Bronze eindrucksvoll.

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Wolfgang Böning

 

GRABSTEDE Es sollte der letzte große Höhepunkt in seiner Laufbahn sein. Aber bei der EM 2016 in den Niederlanden machte Thore Fröllje eine Verletzung einen dicken Strich durch die Rechnung. Ohnehin hatte er zunächst länger mit einer Teilnahme gezögert: „Aber eine Titelverteidigung ist Ehrensache“, erklärt der Grabsteder. Und so trat er gut motiviert an: „Ich wollte die Medaillenränge angreifen.“

Doch es kam anders: Beim Anlauf zum ersten Wurf ertönte plötzlich ein Aufschrei. Fröllje hatte sich an der Achillessehne verletzt. Dies bedeutete das Karriere-Ende nach 25 Jahren auf hohem Niveau.